„Es gibt zu wenig bezahlbare Wohnungen, vor allem für Leute, die wenig Rente bekommen.“
Einblicke in die Lebenswelt einer Seniorin
Frau B. ist 74 Jahre alt und lebt seit dem Jahr 2009 alleine in einer 45 Quadratmeter großen Wohnung in Reutlingen.
Beruflicher Werdegang:
Frau B. ist gelernte Buchhändlerin, mittlerweile ist sie allerdings in Rente.
„Ich habe angefangen Architektur zu studieren nach der Schule und habe das dann aber abgebrochen. Denn irgendwie ist mir dies doch nicht gelegen. Und dann bin ich zur Lehre nach München gegangen. In einen Verlag in München. Und irgendwann wollte ich dann was anderes und dann bin ich am Schluss in der [Name im Bereich Buchhandel] gelandet, in Reutlingen. Und das hat mich nach Reutlingen verschlagen, ursprünglich komme ich aus Stuttgart.“
Wohnumfeld und Wohnklima:
In Ihrem Umfeld fühlt sich Frau B. sehr wohl. Die zentrale Lage, mitten in Reutlingen, bietet ihr die Möglichkeit, alle Besorgungen erledigen zu können.
„Ich kann überall zu Fuß hin. Es fällt mir zwar schwer jetzt inzwischen, aber vorher, wo ich noch richtig mich bewegen konnte, war das ideal. Ja und dadurch brauche ich auch keine Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel. Ich habe vorher in Rommelsbach gewohnt und dort war es wirklich viel Fahrgeld. Das brauche ich hier zum Glück alles nicht.“
Zu ihren Nachbarn hat Frau B. auch ein gutes Verhältnis und wird teilweise auch bei Alltagssituationen, wie z.B. der Müllentsorgung, unterstützt.
„Also man redet miteinander, wenn man sich trifft im Treppenhaus oder so auch immer. Ist jetzt nicht so, dass man sich jetzt gegenseitig besucht und viel redet oder so, aber die sind alle nett und hilfsbereit. Auch mit Müll raustragen und sowas.“
Unterstützungsleistungen:
Frau B. bekommt Sozialhilfe, da ihre Rente für ihre Versorgung nicht ausreichend ist.
„Im Moment krieg ich wieder Sozial- oder Grundsicherung im Alter heißt des inzwischen.“
Bevor ihre Mutter starb, hat sie mit ihr zusammen in einer größeren Wohnung in Rommelsbach gewohnt. Allerdings musste sie aus dieser Wohnung ausziehen, da das Geld für die Miete nicht mehr ausgereicht hat. Zudem konnte die Sozialhilfe die Miete nur bis zur einer gewissen Quadratmetergröße übernehmen, sodass dies ebenfalls ein Mitgrund für den Umzug bildete.
Frau B. war zwei Jahre lang auf der Suche nach einer passenden und bezahlbaren Wohnung. Sie ist der Meinung, dass es viel zu wenig bezahlbare Wohnungen gibt, besonders für Menschen wie sie, die eine geringe Rente erhalten.
Mit der Hälfte ihres Einkommens muss Frau B. die Miete bezahlen, sodass ihr nicht mehr viel Geld für andere Dinge übrigbleibt.
„Wenn man nicht mehr fort geht, braucht man nichts zum Anziehen, nicht unbedingt oder nicht so viel und nichts Teures. Essen ist natürlich wichtig und wohnen, das ist das Wichtigste. Und jetzt im Moment geht´s, dadurch, dass man nicht fort geht, gibt man auch weniger Geld aus. Und dann ist es nicht ganz so schlimm. Also zeitweilig wars schon schwierig, mit so wenig Geld zurecht zu kommen. Jetzt im Moment geht´s grad. Eben weil ich fast nichts mehr ausgebe.“
Sorgen und Ängste:
Durch das geringe Einkommen hat Frau B. natürlich immer Angst davor, dass ihr das Geld nochmal gekürzt werden könnte und sie vielleicht in eine andere Wohnung ziehen muss, die kleiner und billiger ist. Das würde sie nicht ertragen.
Außerdem wünscht sie sich, dass mehr Unterstützungsmöglichkeiten für ältere Menschen angeboten werden und auch ihre Altersgruppe mehr ins öffentliche Leben mit eingebunden wird.
„Die Teilhabe am öffentlichen Leben ist mir wichtig. Und jetzt mit dieser komischen Corona Situation, wo es diese virtuellen Konferenzen gibt, wenn man das jetzt nicht hat, ist es verdammt schwierig. Eine gewisse Abhängigkeit besteht dann ja schon. Ich habe dann halt immer das Gefühl, dass man etwas nicht mitkriegt.“