„Ich möchte endlich mal ein Zuhause haben.“
Einblicke in die Lebenswelt einer alleinerziehender Mutter
Frau A. ist 33 Jahre alt und lebt als alleinerziehende Mutter mit ihrer fünfjährigen Tochter und einer Katze in einer kleinen Zwei-Zimmer-Mietwohnung mit einer Größe von 40 Quadratmetern in einem Ort auf der Schwäbischen Alb. Dort arbeitet sie als Alltags-Begleiterin in der Altenpflege in Teilzeit.
Die Angst auf der Straße zu landen
Frau A. ist von Wohnungsnot betroffen. Für sie hängt Wohnungsnot stark mit Ängsten, besonders mit Existenzängsten zusammen. „Wie geht es weiter? Finde ich was?“ sind Fragen, die sie sich diesbezüglich stellt. Auch die Angst, „auf der Straße zu landen“, weil man keine Wohnung findet, beschäftigt sie sehr, besonders in Bezug auf ihre fünfjährige Tochter:
„Und dann hat man natürlich schon Ängste, hauptsächlich auch dem Kind gegenüber. Sich selbst nimmt man da zurück und denkt sich, geht schon irgendwie. Aber seinem Kind müsste man das natürlich nicht zumuten“.
Der Weg in die Wohnungsnot
Bevor Frau A. in Wohnungsnot geraten ist, hat sie alleine in einer 90 Quadratmeter großen Mietwohnung auf der Schwäbischen Alb, gewohnt. Zu dem Zeitpunkt hat sie, nachdem sie eine Maler- und Lackierer-Ausbildung gemacht hatte, in der Produktion gearbeitet und sehr gut verdient. Danach ist sie mit ihrem Partner in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Darauf kam ihre Tochter auf die Welt. In dieser Zeit hat es angefangen, in der Beziehung zu „kriseln“, was eine Trennung zur Folge hatte.
„Dann war ich mit dem Kind alleine. Ich habe davor geschichtet. Das ging dann nicht mehr. Dann musste ich meinen Job aufgeben. In der Normal-Schicht konnte ich dort nicht arbeiten, weil das dort nicht möglich war. Dann habe ich weniger verdient. Dann war die Wohnung zu teuer. Dann musste ich ausziehen, weil ich die Miete nicht mehr zahlen konnte. Also ich könnte jetzt noch weiter ausholen, aber schließlich musste einfach eine kleinere, günstigere Wohnung her und da habe ich meinen Job gekündigt und habe angefangen mit der Suche. So hat es jetzt dazu geführt, dass ich dann hierhergezogen bin.“
„Ich fühle mich hier nicht immer wohl“
In ihrem Wohnumfeld fühlt sich Frau A. nicht immer wohl. Da sie ein sehr direkter Mensch ist, und auch manchmal Dinge sagt, die sie vielleicht nicht hätte sagen sollen, stoßt sie immer wieder auf Konflikte. Zudem beschweren sich die Nachbarn häufig bei dem Vermieter, da sie der Lärm stört, wenn sich die Tochter von Frau A. auch mal in der Wohnung austoben kann. Das wirkt sich sehr auf das schwierige Nachbarschaftsverhältnis aus. Frau A. hat den Wunsch, einfach ihre Ruhe zu haben, leben zu können und nicht von anderen Leuten genervt oder gestresst zu werden, um sich in ihrem Zuhause wohlfühlen zu können.
Mit Dankbarkeit und Zufriedenheit hoffnungsvoll in die Zukunft blicken
Bewundernswert ist jedoch, wie zufrieden und dankbar Frau A. dennoch für ihre momentane Wohnsituation ist. Sie sagt zwar, dass ihre Tochter momentan kein eigenes Zimmer hat, oder, dass die Wohnung keinen Flur besitzt, oder das Nachbarschaftsverhältnis schwierig ist, doch ist sie dankbar dafür, leben zu können, ihre vier Wände zu haben, ein Zuhause zu haben und vor allem einen Partner zu haben, der sie unterstützt und ihr die Existenzangst dadurch nimmt, dass sie jederzeit auch zu ihm ziehen könne, falls sie keine Wohnung finde. Außerdem blickt Frau A. voller Hoffnung in die Zukunft, da sie weiß, dass ihre Situation nicht immer so sein wird, sondern, dass sie, wenn ihre Tochter älter wird, wieder mehr verdienen möchte: „Ich finde wieder „ne“ Arbeit, wo ich mehr verdiene, wo ich auch mehr arbeiten kann, wo man dann automatisch mehr verdient, wenn sie älter ist. Das wird“.
„Meine ideale Wohnsituation“
Für Frau A. wäre die ideale Wohnsituation eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 80 Quadratmetern im Erdgeschoss für ihre Katze. „Nachbarn, die tagsüber arbeiten und freundlich sind und nicht rumschreien oder rumpöbeln und einen Hausmeister.“ Allerdings betont sie immer wieder, dass ihr eine Wohnung mit mindestens zwei Zimmern, einer Küche und einem Keller ausreichen würde und dass sie nicht mehr brauche. Ihr einziger Wunsch ist es, ein richtiges, langfristiges Zuhause zu haben, am liebsten in Münsingen-Auingen aufgrund der guten Infrastruktur.
„Von der Optik ist die Ortschaft vielleicht nicht die schönste, aber wir haben Alles. Wir haben Ärzte, wir haben Busse. Du kommst überall hin. Du bist halt hier so richtig im Bermuda-Dreieck. Du bist gleich im Landkreis Biberach, du bist sofort in Ulm und du bist relativ schnell auf der Autobahn und du bist schnell in Reutlingen. Du bist also genau in der Mitte, hast aber trotzdem dieses Dorf-Feeling. Auch kann man überall einkaufen. Es gibt fast keine Läden, die es auch nicht in der Großstadt gibt. Auch von den Schulen her gibt es sehr viele hier. Meine Tochter könnte auch zur Schule laufen.“
Frau A. betont, dass es ihr in ihrer Ortschaft an nichts mangelt.
„Man fällt auch mal in ein Loch“
Auch wenn Frau A. an sich eine starke Persönlichkeit ist, sagt sie, dass es auch Zeiten gibt, in denen sie mal in ein Loch fällt, Tage, „an denen alles einfach nur beschissen ist“, an denen man alles nur schlecht sieht und in eine Art Depression rutscht. Auch mag Frau A. es nicht so sehr, wenn man sie auf das Thema „Wohnungsnot“ anspricht und ihr Fragen stellt, wie „Und, hast jetzt was gefunden?“. Manchmal wirken sich auch ihre Sorgen und Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen, auf ihren Schlaf aus. Aber von ihren Sorgen lässt sich Frau A. nicht unterkriegen. Ihre Tochter hilft ihr dabei, sehr stark zu sein und lenkt sie von ihren Sorgen ab. Auch ihr Partner, ihre Freunde und ihre Eltern sind für sie da und geben ihr in ihrer Situation Halt und nehmen ihr die Angst, nicht irgendwann auf der Straße landen zu müssen. Die eigenen Sorgen kann sie am besten bewältigen, wenn sie sich Zeit für sich nimmt, um sich mal auszuruhen.
„Was ich mir von der Politik wünsche“
Von der Politik würde sich Frau A. wünschen, dass es Regelungen gibt, die dem Vermieter nicht erlauben, Menschen aufgrund von Kleintieren, Kindern, Rauchern oder des Einkommens, eine Wohnung zu verwehren. Auch wünscht sich Frau A. mehr Anlaufstellen, an die sich Hilfesuchende, die in Wohnungsnot sind, wenden können. Ein weiteres Anliegen von Frau A. ist, dass Mietpreise gesenkt werden.
„Wir wollen keine Tiere, wir wollen keine Kinder, wir wollen nicht, dass Sie rauchen – weil, selbst ein Raucher kann draußen rauchen, er muss ja nicht gleich drinnen rauchen. Man sollte da einfach mehr Regeln dahinter setzen und sagen: Sowas darf einfach auch ein Vermieter nicht (…) ablehnen und muss den Leuten einfach eher eine Chance geben.“
Wie geht es weiter?
Frau A. wurde letztes Jahr aufgrund von Eigenbedarf gekündigt. So befindet sie sich momentan auf Wohnungssuche und sucht seit September 2020 auf Online-Seiten, wie Immobilien-Scout oder Ebay-Kleinanzeigen, nach einer geeigneten Wohnung für sie und ihre Tochter. Am liebsten wieder auf der Schwäbischen Alb.